Überführung

Am 1. Mai ging es von Emden nach Greetsiel. Wettermässig war alles dabei, von Flaute über Starkwind, von Sonne bis Regen und Hagel. Aber zumindest konnte schon mal einiges getestet werden.

Auf der Ems kurz vor dem Hagelschauer
Vor der Hagelnöe alle Segel weg

Um 7 Uhr ging es durch die Nesserlander Schleuse raus. Mit dem Ebbstrom dann die Ems runter. Ab der Knock war dann das erste Mal an segeln zu denken. Mit der Osterems nahmen Wind und Ebbstrom immer mehr ab und ab der Emshörrrinne musste der Diesel wieder helfen. Zwischen der O 40 und der O 38a fiel dann auf der 1,5m Linie der Anker. Ziemlich genau zur Niedrigwasserzeit um 9:30 Uhr.

Vorm Wattenhoch vor Anker
Ankern vorm Wattenhoch südlich Borkum

Um 12 Uhr ging es dann wieder Ankerauf und mit knapp 60 Zentimeter Wasser unterm Kiel rüber über das Wattenhoch. Vier weitere Boote lagen dort vor Anker und mussten länger warten.

Über die Osterems ging es weiter nach Norden bis zur Bantsbalje. Und von dort mit achterlichem Wind über die Leegde zur Schleuse.

Die neue Genua mach einen guten Eindruck
und auch der neue, stromlose Ofenlüfter macht, wer er soll

Etwa gegen 16:30 Uhr haben wir dann am Steg fest gemacht.

Alles in allem: Kalt, voller Überraschungen, anstrengend und doch wieder schön!

Ein „neues“ Boot

Die Stiekum war in ihrem Vorleben unter einem anderen Namen sehr lange in Dangast beheimatet.  Im Mai 2017 haben wir sie übernommen und wollten sie zwischen Himmelfahrt und Pfingsten ganz sachte von Dangast nach Greetsiel überführen.

Leider kam es ganz anders. Die Maschine war alt, aber nach Aussagen der Voreigner „stets gut gewartet und immer zuverlässig“. Auch sonst hätte es „nie Probleme gegeben“. Weder Leckagen noch technische Probleme.

Da die Voreigner „gesundheitsbedingt“ nicht anwesend sein konnten, brachten wir das Boot zum Sammel-Krantermin am 6. Mai in seinem Heimatverein zu Wasser und stellten ebenfalls mit Hilfe des Vereins den Mast. Von Dangast aus sollte es zur weiteren Ausrüstung ins 16 sm entfernte Hooksiel gehen.

Für die kommenden 6 sm war alles gut. Nun, nicht gerade gut. Aber wir sind keine streitlustigen Menschen und hatten mit der einen oder anderen Reparatur gerechnet. Mit einem Totalausfall jedoch nicht.

Wir könnten jetzt hier das ganze Drama von falschen Zusagen, nicht eingehaltenen Versprechungen bis hin zu dreisten Lügen erörtern, aber wir kürzen das mal ab.

Das Ende vom Lied war eine Maschine mit Totalschaden und ein defektes Rigg. Von den anderen 36 Ausfällen mal ganz zu schweigen. Das einzige was wirklich funktionierte war die Handlenzpumpe. Und die war auch dringend nötig!

Nachdem die Verkäufer auf Tauchstation gegangen waren, war guter Rat teuer. Genauso teuer, wie die Liegegebühren bis zum Auslaufen, die eigentlich die Verkäufer übernehmen wollten. Auf diesen Kosten blieben wir jedoch genauso sitzen, wie auf allen anderen auch.

Es blieb uns letztlich nichts weiter übrig, als das Boot mit einer Aussenborderhalterung zu versehen und nach einem kurzen Hoppel über die Jade einen sehr langsamen Törn über die Kanäle Richtung Emden zu starten.

Damit war die Saison 2017 für uns gelaufen.

Angesichts der vielfältigen Schäden aufgrund von jahrelanger Vernachlässigung, mangelnder Wartung, schlampig-fahrlässigen „Reparaturen“ und jeder weiterer Menge entdecktem Murks wurde uns klar, das damit auch die Saison 2018 und vermutlich auch die Saison 2019 gelaufen war.

Nach anwaltlicher Beratung, in der von guten Ausichten für uns, aber auch von einem entsprechenden Risiko die Rede war und nach dem Hinweis auf die Dauer entsprechender Verfahren und der eingeschränkten Lebenserwartung der Voreigner, entschlossen wir uns zur Schonung unserer mittlerweile sehr angegriffenen Nerven auf einen Prozess zu verzichten. Sollen die Verkäufer mit ihrem schlechtem Karma in der Hölle schmorren und endgültig aus unserem Leben verschwinden. 

Wir begannen also mit dem Abwracken und entdeckten immer mehr Schäden. So gesehen war unsere Haverie auch unser Glück, denn draussen hatte das Boot in dem Zustand schon seit unzähligen Jahren nichts mehr zu suchen.

Ausgetauscht werden mussten letztlich:

  • die gesamte Maschine, inklusive Getriebe, Welle und Propeller
  • sämtliche Bowdenzüge, inklusive der Schaltung
  • der gesamte Kühlwassereinlass inklusive Filter
  • der Tank, inklusive aller Leitungen, Filter und Wasserabscheider
  • die gesamte Abgasanlage
  • die gesamte Elektrik
  • alle Seeventile und einige Borddurchlässe
  • sämtliche Navigationsgeräte
  • sämtliche Navigationsbeleuchtung
  • das Funkgerät
  • die Seefunkantenne, inklusive aller Zuleitungen
  • das Radio
  • sämtliche Kajütfenster
  • die Genua und das Großsegel
  • das See-WC
  • die Relingsdrähte
  • der Herd

Repariert werden musste:

  • die Rollreffanlage
  • der Plichtboden
  • die Heizung
  • die Niedergangstüren
  • die Vorschiffsluke
  • die gesamte Innenverkleidung im Vorschiff
  • die Innenverkleidung der Hundekoje
  • der Ankerkasten
  • die Heckleiter
  • der Bugkorb
  • Rumpf- und Decksfarbe
  • die Sprayhood
  • der Trailer

Alles in allem „etwas“ viel für ein Boot, dass von den Voreigner beim Verkauf folgendermaßen beworben wurde:

Bj. 89, Länge 9 m, Breite 3 m, Tiefgang 1 m, Dieselmotor \“ALBIN\“ 18 PS (gute Zugkraft), 5-6 Schlafplätze, Bad mit Dusche, Kleiderschrank, 8 große Backskisten, Kamin, Pantry mit Backofen und 2 Spirituskochern von Tayler, GPS, Fischfinder, Funkgerät, Radio, Rollfock (HAASE) ca. 18 qm, Großsegel, Sprayhood, Seereling mit Bug und Heckkorb, Badeleiter, Anker mit Kette, Hafentrailer, komplett segelfertig mit viel Zubehör. Idealer sicherer Segler!